1. Oktober 2008
Der schöne Karl-Heinz und seine Budgettricksereien
harald.walser | 1. Okt, 11:13
Fachleute haben ja immer darauf hingewiesen, dass die Budgetpolitik von Karl-Heinz Grasser alles andere als seriös war. Das Auslagern von Schulden in die Asfinag und die ÖBB habe nur dazu gedient, die Zahlen zu schönen.
Das wird jetzt hochoffiziell bestätigt: Die Statistik Austria meldet - rein zufällig kurz nach und nicht vor den Wahlen -, dass das europäische Statistikamt in Luxemburg (Eurostat) die von der Republik mitgeteilten Zahlen für das Budgetjahr 2004 erheblich korrigieren musste, weil damals 7,5 Milliarden im Zusammenhang mit der ÖBB-Reform schlicht unter den Teppich gekehrt wurden. Das offizielle Defizit für dieses Jahr liegt somit bei kräftigen 4,4 Prozent statt, wie von Grasser angegeben, bei 1,2 Prozent.
Schon damals setzte sich allerdings sachliche Information gegen die geballte Propagandamaschinerie nicht durch. Denn es hatte auch andere Tricksereien gegeben: Die „Presse“ etwa - immerhin das Zentralorgan der "Wende" des Jahres 2000 - hatte darauf hingewiesen, dass die Währungsreserven der Republik zwischen den Jahren 2000 und 2004 von 18,9 Milliarden Euro auf 6,4 Milliarden verringert worden waren. Wörtlich konnte man lesen: „Karl-Heinz Grasser hatte für die Erreichung seiner Budgetziele nicht nur Privatisierungserlöse herangezogen, sondern auch massiv die Nationalbank angezapft.“
Es ist daher wohl Peter Michael Lingens im Profil zuzustimmen, der Grasser als einen „der schlechtesten Finanzminister der Zweiten Republik“ bezeichnet hat. Im Jahr des angeblichen Nulldefizits (2002) betrug der Abgang nach ursprünglicher Rechnung 0,6 Prozent des BIP, in der korrigierten Statistik dann 0,2 Prozent. Ausgerechnet in diesem Jahr 2002 erreichte die Abschöpfung der Notenbankreserven ihren Höhepunkt: minus 5,3 Milliarden (plus eine Gewinnausschüttung von 1,5 Milliarden). Das Finanzministerium behauptete zwar, dass damit nicht die Reduktion des Defizits bewerkstelligt wurde (das wäre eine verbotene Manipulation der Maastricht-Kriterien gewesen), Presse-Recherchen förderten allerdings widersprüchliche Aussagen der Beamten zutage.
Jetzt ist der Lack Grassers zwar eigentlich hochoffiziell ab - es wird aber unter Garantie auch in Zukunft von den angeblich so tollen Leistungen des schönen Karl-Heinz berichtet werden. Was sind schon schnöde Fakten?
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